Präsentationen statt Taten
Viele Unternehmen scheitern am "Umsetzungsproblem". Doch das muss nicht sein.
Unternehmen geben viel Geld für Beratung und Informationen aus, doch zwischen Wissen und Handeln klafft fast immer eine deutliche Lücke. Einer der Gründe dafür ist, dass das Management sich zu oft in Strategieplanung verstrickt und dabei sowohl die konkreten Arbeitsabläufe als auch die Umsetzung aus den Augen verliert. Aber auch zu abstrakte Lernmethoden und eine Atmosphäre von Angst und Konkurrenzkampf innerhalb des Unternehmens erweisen sich als Hemmschuh.
"Woran
liegt es, dass so viele Bildungsmaßnahmen und Schulungen, dass
aufwändig betriebene Unternehmensberatung und betriebswirtschaftliche
Forschung, dass Bücher und Artikel bei Managern und Unternehmen so
wenig bewirken?" Das fragte sich Jeffrey Pfeffer, Professor für
Organisationsverhalten an der renommierten Universität Stanford mit
zunehmender Verblüffung. Selbst seine Fakultätskollegen konnten -
peinlich, peinlich - nach ihrem Wechsel in die Wirtschaft nur selten
das umsetzen, was sie jahrelang gelehrt hatten. Offensichtlich reicht
es nicht aus, etwas zu wissen, um auch danach handeln zu können. Für
Wirtschaftsverlage ist das kein Grund zur Klage: dadurch können sie
jedes Jahr die gleichen Themen in unterschiedlicher Aufmachung unters
Volk bringen. Doch für die Unternehmen ist das Problem kostenintensiv
und frustrierend zugleich.
Pfeffer begann nach den Ursachen dieser "Umsetzungslücke" zu forschen -
und wurde schnell fündig. Er ist sich, so merkt er mit trockener Ironie
in seinem Buch an, im Klaren darüber, dass auch sein Buch genauso
unwirksam bleiben wird wie die meisten anderen Business-Ratgeber.
Schließlich ist es auch beim Thema Umsetzungslücke nicht leichter,
Empfehlungen wirklich in die Tat umzusetzen. Aber zumindest ist nun
bekannt, wo die Ursachen liegen. Mit seinem Buch greifen Pfeffer und
sein Co-Autor ein wichtiges, noch nicht von einem Heer anderer Autoren
zu Tode geschriebenes Thema auf und präsentieren es hervorragend. Ihr
Buch ist ansprechend geschrieben, gut gegliedert, voller interessanter
Beispiele und Ratschläge.
Präsentationen ohne Ende - aber keine Taten.
Die Ursachen dafür, dass Unternehmen
ihr Wissen so
schlecht umsetzen, sind vielschichtig. Nur allzu oft, so
beschreibt Pfeffer, vergräbt sich das Management in
strategischen Planungen und Analysen, produziert (wie im
Fall der erfolglosen Qualitäts-Initiative der Firma Xerox)
Berge von Papier, aber keine konkreten Veränderungen. Den
Kontakt zur Arbeitsebene hat es längst verloren. "Die
Manager verbringen dann einen Großteil ihrer Zeit damit,
technisch und grafisch ausgefeilte Präsentationen zu
besuchen oder abzuhalten, in denen es hauptsächlich darum
geht, sich gegenseitig zu beeindrucken", konstatieren
die Autoren bissig. Leicht übersehen die derartig vollauf
Beschäftigten, dass ihre vielen Worte nicht automatisch auch
deren Verwirklichung nach sich ziehen.
Das
gleiche gilt auch auf den anderen Hierarchieebenen: Das Wort
wird in vielen Unternehmen höher geschätzt als die Tat. Wer
gut reden kann, hinterlässt unabhängig von seiner Leistung
einen tieferen Eindruck als der, der still aber gut seine
Aufgabe erledigt. Will man also etwas verändern, kommt es
darauf an, Verfahren für die konkrete Umsetzung zu
entwickeln und Taten aufzuwerten. Gut funktionierte das beim
"Work-out-Verfahren", das General Electric
einführte: Bei Brainstormings oder Mitarbeiterversammlungen
wurde von den anwesenden Managern sofort entschieden, ob ein
Vorschlag akzeptiert werden sollte - wenn ja, wurde sofort
ein Prozess in Gang gebracht, um die Änderung
umzusetzen.
Ein weiterer Teil des
Umsetzungsproblems ist, dass "abstrakte"
Wissensvermittlung selten richtig gut funktioniert. Am
besten lernt man durch eigene Erfahrungen, durch
Ausprobieren, durch selbst Beobachten. Bei Honda
beispielsweise legt man Wert darauf, dass Mitarbeiter sich
Fahrzeuge aus anderen Bereichen, bei denen Qualitätsmängel
festgestellt wurden, selbst ansehen. "Konkretes Teil,
konkrete Situation" nennt man dieses praktische Lernen,
bei dem nur selten eine Diskrepanz zwischen Wissen und
Handeln entsteht.
Angst und Konkurrenz: Gift für die Umsetzung von Wissen.
Wissen lässt sich, so haben Pfeffer
und Sutton herausgefunden, wesentlich einfacher umsetzen,
wenn im Unternehmen weder Angst noch Konkurrenzkampf
herrschen. Eingeschüchterte, verängstigte Angestellte gehen
selten das Risiko ein, etwas Neues auszuprobieren, und
halten sich lieber an das Bewährte, um bei Fehlern nicht
bestraft zu werden. Seinen Vorgesetzten schlechte
Nachrichten zu überbringen vermeiden sie lieber - worauf
diese ein geschöntes Bild von ihrem Unternehmen und dessen
Geschäften entwickeln und nicht selten in seliger Unkenntnis
von Fehlentwicklungen vor sich hin managen. Auch an der
Konkurrenz scheitern gute Ideen nicht selten, sind doch
Incentives und der interne Wettbewerb immer noch eine
beliebte Motivationsspritze in vielen Unternehmen. Ihr
Nachteil ist, dass sie eine Einzelkämpfermentalität statt
Kooperation belohnen. "Bedauerlicherweise hat sich das
Missverständnis eingeschlichen, dass das Konkurrenzdenken,
das sich in der Ökonomie als scheinbar erfolgreichstes
Wirtschaftssystem durchgesetzt hat, als Managementpraxis
innerhalb der Unternehmen ebenso Erfolg
versprechend ist", tadeln die Autoren. Im schlimmsten
Fall kämpfen die Mitarbeiter gegeneinander und behalten ihr
Wissen für sich, um ihren Vorsprung zu wahren. Kommt hinzu,
dass die Unternehmenskultur stark in Traditionen verhaftet
ist und es "heilige Kühe" gibt, über die das
Management seine schützende Hand hält, dann stehen die
Karten für Veränderungen schlecht.
Viele
Unternehmen werden sich in diesen Beschreibungen
wiedererkennen - doch Pfeffer und Sutton kritisieren
konstruktiv und sparen weder mit positiven Beispielen noch
mit Ermutigung. Ihre Botschaft: Es ist zu schaffen, auch
wenn der Aufwand bei einer von Grund auf problematischen
Unternehmenskultur hoch sein wird.
Jeffrey Pfeffer/Robert I. Sutton:
Wie aus Wissen Taten
werden. So schließen die besten Unternehmen die
Umsetzungslücke,
Campus 2001, 298 Seiten, 98
Mark,
ISBN 3-593-36666-5
Sylvia Englert, Journalistin und Buchautorin, ist Redakteurin bei changeX.
© changeX Partnerforum [31.07.2001] Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.
Online-Buchbestellung via changeX |
Online bestellen Warenkorb anschauen Die Auslieferung erfolgt über
die A.Stein'sche Buchhandlung in Werl. |