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Präsentationen statt Taten

Viele Unternehmen scheitern am "Umsetzungsproblem". Doch das muss nicht sein.

Von Sylvia Englert

Unternehmen geben viel Geld für Beratung und Informationen aus, doch zwischen Wissen und Handeln klafft fast immer eine deutliche Lücke. Einer der Gründe dafür ist, dass das Management sich zu oft in Strategieplanung verstrickt und dabei sowohl die konkreten Arbeitsabläufe als auch die Umsetzung aus den Augen verliert. Aber auch zu abstrakte Lernmethoden und eine Atmosphäre von Angst und Konkurrenzkampf innerhalb des Unternehmens erweisen sich als Hemmschuh.

"Woran liegt es, dass so viele Bildungsmaßnahmen und Schulungen, dass aufwändig betriebene Unternehmensberatung und betriebswirtschaftliche Forschung, dass Bücher und Artikel bei Managern und Unternehmen so wenig bewirken?" Das fragte sich Jeffrey Pfeffer, Professor für Organisationsverhalten an der renommierten Universität Stanford mit zunehmender Verblüffung. Selbst seine Fakultätskollegen konnten - peinlich, peinlich - nach ihrem Wechsel in die Wirtschaft nur selten das umsetzen, was sie jahrelang gelehrt hatten. Offensichtlich reicht es nicht aus, etwas zu wissen, um auch danach handeln zu können. Für Wirtschaftsverlage ist das kein Grund zur Klage: dadurch können sie jedes Jahr die gleichen Themen in unterschiedlicher Aufmachung unters Volk bringen. Doch für die Unternehmen ist das Problem kostenintensiv und frustrierend zugleich.
Pfeffer begann nach den Ursachen dieser "Umsetzungslücke" zu forschen - und wurde schnell fündig. Er ist sich, so merkt er mit trockener Ironie in seinem Buch an, im Klaren darüber, dass auch sein Buch genauso unwirksam bleiben wird wie die meisten anderen Business-Ratgeber. Schließlich ist es auch beim Thema Umsetzungslücke nicht leichter, Empfehlungen wirklich in die Tat umzusetzen. Aber zumindest ist nun bekannt, wo die Ursachen liegen. Mit seinem Buch greifen Pfeffer und sein Co-Autor ein wichtiges, noch nicht von einem Heer anderer Autoren zu Tode geschriebenes Thema auf und präsentieren es hervorragend. Ihr Buch ist ansprechend geschrieben, gut gegliedert, voller interessanter Beispiele und Ratschläge.

Präsentationen ohne Ende - aber keine Taten.

Die Ursachen dafür, dass Unternehmen ihr Wissen so schlecht umsetzen, sind vielschichtig. Nur allzu oft, so beschreibt Pfeffer, vergräbt sich das Management in strategischen Planungen und Analysen, produziert (wie im Fall der erfolglosen Qualitäts-Initiative der Firma Xerox) Berge von Papier, aber keine konkreten Veränderungen. Den Kontakt zur Arbeitsebene hat es längst verloren. "Die Manager verbringen dann einen Großteil ihrer Zeit damit, technisch und grafisch ausgefeilte Präsentationen zu besuchen oder abzuhalten, in denen es hauptsächlich darum geht, sich gegenseitig zu beeindrucken", konstatieren die Autoren bissig. Leicht übersehen die derartig vollauf Beschäftigten, dass ihre vielen Worte nicht automatisch auch deren Verwirklichung nach sich ziehen.
Das gleiche gilt auch auf den anderen Hierarchieebenen: Das Wort wird in vielen Unternehmen höher geschätzt als die Tat. Wer gut reden kann, hinterlässt unabhängig von seiner Leistung einen tieferen Eindruck als der, der still aber gut seine Aufgabe erledigt. Will man also etwas verändern, kommt es darauf an, Verfahren für die konkrete Umsetzung zu entwickeln und Taten aufzuwerten. Gut funktionierte das beim "Work-out-Verfahren", das General Electric einführte: Bei Brainstormings oder Mitarbeiterversammlungen wurde von den anwesenden Managern sofort entschieden, ob ein Vorschlag akzeptiert werden sollte - wenn ja, wurde sofort ein Prozess in Gang gebracht, um die Änderung umzusetzen.
Ein weiterer Teil des Umsetzungsproblems ist, dass "abstrakte" Wissensvermittlung selten richtig gut funktioniert. Am besten lernt man durch eigene Erfahrungen, durch Ausprobieren, durch selbst Beobachten. Bei Honda beispielsweise legt man Wert darauf, dass Mitarbeiter sich Fahrzeuge aus anderen Bereichen, bei denen Qualitätsmängel festgestellt wurden, selbst ansehen. "Konkretes Teil, konkrete Situation" nennt man dieses praktische Lernen, bei dem nur selten eine Diskrepanz zwischen Wissen und Handeln entsteht.

Angst und Konkurrenz: Gift für die Umsetzung von Wissen.

Wissen lässt sich, so haben Pfeffer und Sutton herausgefunden, wesentlich einfacher umsetzen, wenn im Unternehmen weder Angst noch Konkurrenzkampf herrschen. Eingeschüchterte, verängstigte Angestellte gehen selten das Risiko ein, etwas Neues auszuprobieren, und halten sich lieber an das Bewährte, um bei Fehlern nicht bestraft zu werden. Seinen Vorgesetzten schlechte Nachrichten zu überbringen vermeiden sie lieber - worauf diese ein geschöntes Bild von ihrem Unternehmen und dessen Geschäften entwickeln und nicht selten in seliger Unkenntnis von Fehlentwicklungen vor sich hin managen. Auch an der Konkurrenz scheitern gute Ideen nicht selten, sind doch Incentives und der interne Wettbewerb immer noch eine beliebte Motivationsspritze in vielen Unternehmen. Ihr Nachteil ist, dass sie eine Einzelkämpfermentalität statt Kooperation belohnen. "Bedauerlicherweise hat sich das Missverständnis eingeschlichen, dass das Konkurrenzdenken, das sich in der Ökonomie als scheinbar erfolgreichstes Wirtschaftssystem durchgesetzt hat, als Managementpraxis innerhalb der Unternehmen ebenso Erfolg versprechend ist", tadeln die Autoren. Im schlimmsten Fall kämpfen die Mitarbeiter gegeneinander und behalten ihr Wissen für sich, um ihren Vorsprung zu wahren. Kommt hinzu, dass die Unternehmenskultur stark in Traditionen verhaftet ist und es "heilige Kühe" gibt, über die das Management seine schützende Hand hält, dann stehen die Karten für Veränderungen schlecht.
Viele Unternehmen werden sich in diesen Beschreibungen wiedererkennen - doch Pfeffer und Sutton kritisieren konstruktiv und sparen weder mit positiven Beispielen noch mit Ermutigung. Ihre Botschaft: Es ist zu schaffen, auch wenn der Aufwand bei einer von Grund auf problematischen Unternehmenskultur hoch sein wird.

Jeffrey Pfeffer/Robert I. Sutton:
Wie aus Wissen Taten werden. So schließen die besten Unternehmen die Umsetzungslücke,
Campus 2001, 298 Seiten, 98 Mark,
ISBN 3-593-36666-5

Sylvia Englert, Journalistin und Buchautorin, ist Redakteurin bei changeX.

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