Süddeutsche Zeitung
Süddeutsche Zeitung BEILAGE Samstag, 12. Juni 2004
  München Seite V2/2 · Bayern Seite V2/2 · Deutschland Seite V2/2

Personaler-Runde der SZ: Netzwerke bilden

Starke Partner

Kooperation von Firmen und Hochschulen schafft Job-Perspektiven

Zahlreiche wichtige Arbeitgeber waren bei der Personaler-Runde der Süddeutschen Zeitung vertreten, außerdem mittelständische Unternehmen, Berater und Arbeitsmarkt-Experten. Ihre Aussagen geben wichtige Hinweise auf die Stärken, die Entwicklungsperspektiven, aber auch auf die Risiken des Arbeitsmarktes in Hamburg. „Von 2001 bis 2003 hat sich das Volumen des Hamburger Stellenmarkts um etwa 65 Prozent reduziert“, berichtet Ursula Wertnig-Sonnenberg. Sie ist Geschäftsführerin der UBI Media GmbH, einer Fachagentur für Personalanzeigen mit angegliederter Personalberatung, die in Hamburg seit 30 Jahren auf dem Markt ist. Aber das Jahr 2004, so Wertnig-Sonnenberg, habe einen Aufschwung gebracht, so dass ihre Agentur im Mai wieder auf dem Stand von 2002 angelangt sei. Starke Wachstumsbereiche seien Versicherungen und Dienstleistungen sowie Tätigkeiten rund um den Hafen. Die Suche nach Führungskräften habe zugenommen, Zuwächse gebe es im kaufmännischen und im technischen Bereich. Hans-Jürgen Niedner, Geschäftsstellenleiter Hamburg der Personalberatung Mercuri Urval, berichtet von einer gestiegenen Nachfrage insbesondere in den Bereichen Medientechnik und Maschinenbau.

Es tut sich also etwas, aber Edeltraud Dietz-Stang weist auf Probleme im Mittelstand hin. Sie ist geschäftsführende Gesellschafterin der DS Media Team GmbH, einer Personalberatung, die seit über 20 Jahren in Hamburg aktiv ist. „Wir können einen Zuwachs bei der Mitarbeitersuche von zehn Prozent gegenüber 2003 verzeichnen, leider weniger bei mittelständischen, als vielmehr bei größeren Unternehmen.“

Bei den Säulen der Hamburger Wirtschaft wird die Nachwuchs- und Mitarbeitersuche bereits zu einem aufwändigen Unterfangen. Professor Klaus Peter Nebel, Konzernsprecher der Beiersdorf AG, weist auf eine Standortschwäche hin. Die Beiersdorf AG beschäftigt 18 000 Mitarbeiter, davon 6500 in Deutschland – 4800 von ihnen arbeiten in Hamburg. „Die Hansestadt verliert ohne eigenes Verschulden Firmenzentralen und damit auch Führungskräfte“, sagt Nebel. Die Globalisierung hat die Stadt erreicht, es wird gekauft, zusammengelegt und rationalisiert. Viele Konzerne haben ihren Sitz verlegt oder aufgegeben, darunter die Vereins- und Westbank, die Holsten-Brauerei, Hapag-Lloyd ist zur TUI nach Hannover gegangen. Und bei Firmen, die ihre Führungsriege in anderen Städten haben, können Hamburger Firmen keine Führungskräfte abwerben.

Andererseits boomt der Hafen und auch im Bereich Flugzeugbau steht die Stadt glänzend da. Frank Jäger, Personalleiter Engineering von Airbus Deutschland, hat 18 000 Mitarbeiter, davon 3000 in Hamburg, die sich mit dem Thema Entwicklung befassen. „Die Stadt unterstützt den zivilen Flugzeugbau“, sagt Jäger, „und wir pflegen eine enge Kooperation mit den Hochschulen.“ Airbus habe eine Professur für Flugzeugsysteme an der TU Hamburg-Harburg gestiftet. Auch an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften HAW am Berliner Tor habe sein Unternehmen Aufbaustudiengänge initiiert.

„Für Lufthansa Technik sind die Initiativen der Hansestadt von großer Bedeutung“, sagt Fiona Klingels, die bei Lufthansa Technik für Personalmarketing zuständig ist. Diese Tochter der Lufthansa hat 6500 Mitarbeiter in Hamburg, 11 000 in Deutschland und 23 000 weltweit. Lufthansa Technik bildet im technischen und kaufmännischen Bereich aus. Eigene Studiengänge wurden in Kooperation mit der HAW und der TU Darmstadt eingerichtet. Auch Mittelständler, die im Ingenieurbereich punkten wollen, müssen die Zusammenarbeit mit den Hochschulen aktivieren, sagt Olaf Drewicke, zuständig für Personalentwicklung in der Konzernzentrale des Maschinenbauers Jungheinrich AG. Mit der Fachhochschule Bergedorf werde aktuell ein E-Learning-Projekt durchgeführt, auch bei Diplomarbeiten arbeite man mit Hochschulen zusammen.

Wolfram Scharenberg ist in der Evangelischen Stiftung Alsterdorf Bereichsleiter Kommunikation. Die Stiftung hat 3200 Mitarbeiter. Ihr Haupttätigkeitsbereich ist die Behindertenhilfe. Sie ist Trägerin zweier Krankenhäuser und mehrerer Schulen und Ausbildungsstätten. Auch die Evangelische Stiftung pflegt Kooperationen mit Hochschulen und Fachhochschulen, die Ausbildung erfolgt vor allem in der eigenen Fachschule für Heilmedizin. „Auch Schüler ohne Ausbildung können hier eine Perspektive bekommen“, sagt Scharenberg.

Ist ein Unternehmen, das sich ein starkes Netzwerk im wissenschaftlichen Bereich geschaffen hat, besser gefeit gegen eine Verlagerung oder Schließung als andere? Erich Feldmeier, Hochschuldozent und Vertreter des Human Capital Clubs, ist skeptisch. „Solche Entscheidungen werden auf anderer Ebene und mit anderen Argumenten getroffen.“ Trotzdem müsse mehr für die Wissenschaft getan werden. „Die nördlichen Bundesländer geben 1,5 Prozent ihres Bruttosozialproduktes für die Forschung aus, die südlichen 2,4.“ Das wirke sich aus auf die Qualität der Ausbildung, aber auch auf die Zahl der Ausgründungen.

Einig war sich die Personaler-Runde der SZ, dass Standorte ihre Zukunftsfähigkeit grundsätzlich stärken, wenn sie auf Ausbildung und Wissenschaft setzen. Hans-Jürgen Niedner fügt hinzu: „Wir weisen unsere Kunden darauf hin, bei Bewerbern stärker die Entwicklungsmöglichkeiten in Betracht zu ziehen und zu fragen: Was bringt er mit und was kann noch aus ihm werden?“ Es sei ein Fehler, sich starr nach dem geforderten Profil zu richten.

Das Fazit: Hamburgs Arbeitsmarkt hat zwar Federn gelassen, aber er zeigt sich dort besonders stabil, wo er seine Attraktivität durch Netzwerke erhöht hat.

Hans-Herbert Holzamer

ARTIKEL IM DRUCK-LAYOUT
ÜBERGEORDNETE FOLDER