Der Meister Des Alltags.
"Tägliches Problem zwischen Paola und mir: Sie verlegt dauernd irgendwelche Sachen. Beziehungsweise eben nicht »irgendwelche Sachen«. Sondern Sachen, die gerade dringend gebraucht werden. Die Brille, wenn man im Kino sitzt. Den Autoschlüssel, wenn man Auto fahren will. Den Wohnungsschlüssel, wenn man vor der Tür steht. Meine Rolle: die des Suchenden. Des Findenden. Des Klagenden. Im Laufe unseres Zusammenlebens haben sich meine Hirnstrukturen so entwickelt, dass ich binnen Sekunden nachvollziehen kann, wo Paola ihre Brille, ihren Auto-, ihren Wohnungsschlüssel zuletzt hatte, was sie danach getan hat und wo demzufolge wahrscheinlich die Gegenstände sich befinden. Seltsame Existenzform: Ich bin ein Ergänzungswesen für Paola. Ich habe, was sie nicht hat. Ich bin ein ausgelagerter Teil ihres Hirns. Ich bin ihre Suchfunktion. Indes: Ich hasse es. Ich wäre gern wie sie. Ich möchte auf der Stelle alle Brillen und Schlüssel vergessen und mich mit anderen Din-gen beschäftigen, wichtigeren, doch das geht nicht, achtzig Prozent meines Gehirns sind auf Stand-by fürs Sofortsuchen. Der Rest denkt an Fußball. Ich sage: »Paola, bitte, könntest du dir Folgendes merken? Man legt einen Schlüssel immer an dieselbe Stelle, dann muss man ihn nie suchen. Man legt eine Brille immer an dieselbe Stelle, dann muss man sie nie suchen.« »Darling«, sagt sie und küsst mich. »Du gehst mir auf die Nerven. Das ist nicht wichtig.«, SZ-Magazin, 30.06.06
Die Schlüssel-Immer-An-Die-Selbe-Stelle-Lege-Menschen als auch die Schlüssel-Nicht-Immer-An-Die-Selbe-Stelle-Lege-Menschen ändern sich NIE.
GOTO D.Keirsey