"Generell wird der intellektuelle Diskurs in Deutschland vernachlässigt, nicht zuletzt an den Universitäten.
Viele Wissenschaftler denken zu wenig visionär und bemühen sich auch nicht, ihre Studenten dazu anzuregen.
Sie fragen nicht nach Konzepten für eine politische, wirtschaftliche oder gesellschaftliche Neuordnung.
Dabei wäre das doch die wichtigste Aufgabe: Sich Gedanken zu machen, wie die Welt morgen aussehen soll.
Aber in Forschung und Lehre regiert der Pragmatismus, das ist ja auch viel bequemer.
Wenn dann trotzdem ein junger Mensch eine unkonventionelle Idee hat, wird er als Spinner abgetan und nicht ernst genommen.
SZ: Ist das nur an den Unis so?
Frey: Das gleiche Phänomen gibt es in vielen Unternehmen.
Das ist bedauerlich, weil die jungen Menschen sich rasch anpassen.
Wenn sie merken, dass ihre Karriere schneller vorangeht, wenn sie die vorgegebenen,
meist neoliberalen Denkmuster nicht in Frage stellen, dann halten sie sich daran.
Sie hören auf, neue Ideen zu entwickeln, das ganze kreative Potential dieser Leute geht verloren.
Das schwächt die Innovationskraft des Standorts Deutschland
und richtet letztlich enormen wirtschaftlichen Schaden an.
SZ: Wie könnte das geändert werden?
Frey: Die Veränderung müsste beim Schulsystem beginnen:
Die schrägen Vögel, die Querköpfe müssten gefördert und ermuntert werden, das sind die Visionäre von morgen.
Heute gehen die, die sich nicht anpassen, dem Bildungssystem oft gänzlich verloren", SZ, 16.04.08