Die Gier nach Erfahrungswissen - Reden wir nicht von Gier.
"Die Absehbarkeit der Krise bestand in Grundtatbeständen, die dem schlichten Hausverstand zugänglich sind.
Kaufe ich Kreditkartenschulden einer Nation, deren Bürger nach Auskunft ihres eigenen Handelsministeriums
beispielsweise Anfang 2007 insgesamt 95 Milliarden Dollar mehr ausgaben, als sie verdienten,
deren Sparquote also negativ war – und das wie schon in vielen Jahren zuvor?
Die Krise mag heute in irrationaler Gestalt um den Erdball fegen, ihre wesentliche Grundlage ist einfach und glasklar: seit Jahren billiges Geld...
Erklärungsbedürftig ist nicht die Gier, sondern die Unvernunft in einem besonderen Bereich des Wirtschaftslebens, der Finanzbranche.
Die Gier mag hässlich und unmoralisch sein, unvernünftig ist sie noch nicht.
Unvernünftig ist der Handel mit Schulden von armen Schluckern. Von dieser profunden Unvernunft
konnte sich in den letzten Jahren jeder Bankkunde und jeder Zeitungsleser überzeugen...
Es gibt Privatanleger, die in der gegenwärtigen Krise so gut wie nichts verloren haben
– oft, weil sie gegen die Ratschläge ihrer Bankbetreuer handelten...
Die derzeitige Krise mag beispiellos sein; außerhalb allen Erfahrungswissens liegt sie nicht.
Sie entstand, weil man einen Raum entstehen ließ, in dem Erfahrungswissen nichts mehr zählte.
Das rächt sich immer", SZ, 21.10.08