"Überspitzt gesagt: Zum Manager wird man geboren. In den 400 größten deutschen Unternehmen ist die Chance auf eine Führungsposition für den promovierten Nachwuchs aus dem gehobenem Bürgertum doppelt, für den Nachwuchs aus dem Großbürgertum sogar dreimal so groß wie für Promovierte aus der Mittelschicht und der Arbeiterklasse. Größeres Durchhaltevermögen oder individueller Leistungswille spielen kaum eine Rolle.
GEO: Aber ist nicht die Herkunft heute zumindest weniger wichtig als früher?
Hartmann: Im Gegenteil. Wir haben die Promotionsjahrgänge 1955, 1965, 1975 und 1985 verglichen. Ein Promovierter aus den mittleren und unteren sozialen Schichten hatte die größten Chancen auf eine Führungsposition, wenn er dem Jahrgang 1965 angehörte; beim folgenden Jahrgang stieg der Vorsprung der Großbürgerkinder dagegen schon auf das Fünffache. Die Bildungsexpansion hat zwar zu einer sozialen Öffnung der Hochschulen geführt, aber keinerlei Auswirkungen auf die Besetzung von Führungspositionen...
GEO: Wer die richtigen Beziehungen hat, macht auf jeden Fall seinen Weg nach ganz oben?
Hartmann: Nicht unbedingt. Dass Topmanager "Nieten in Nadelstreifen" sind, halte ich für Unfug - ohne Leistung geht es nicht. Beziehungen in solchen Kreisen werden häufig überschätzt, die Guten haben Vitamin B gar nicht nötig. Aus meinen Interviews mit Personalberatern und Managern wird allerdings deutlich, dass von einer bestimmten Hierarchiestufe aufwärts vor allem eines entscheidet:
der Habitus. Das Signal "Ich gehöre dazu"...
Der Mythos von den Leistungseliten. Spitzenkarrieren und soziale Herkunft in Wirtschaft, Politik, Justiz und Wissenschaft, Campus 2002.